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KRIEGERDENKMAL-SPENDUNGSLISTE
Grabatz, den 28. XII. 1925


Diese von Pfarrer Wilhelm Brevis erstellte Liste ist ein fast einhundert Jahre altes Dokument, von dessen Existenz bisher niemand etwas wusste. Es lag unbeachtet, viele Jahre im Grabatzer Pfarrarchiv, bis die Diözese, um den totalen Dokumentenschwund zu unterbinden, die Akten aus den Pfarreien in das Temeswarer Diözesan-Archiv überführte.

Hier hatte ich Dank Dr. Claudiu Calin die Gelegenheit, die noch verbliebenen Dokumente zu Grabatz einzusehen und zu digitalisieren. Bereits beim ersten Sichten und Fotografieren erkennt man anhand der verwendeten Sprachen Latein, Ungarisch, Deutsch und Rumänisch den Verlauf der Banater Geschichte, bzw. die Landeszugehörigkeit des Banats.

Mit dem Ersten Weltkrieg begann der große Leidensweg unserer Banater Landsleute, der dann mit den verheerenden Folgen des Zweiten Weltkrieges letztlich zur Auflösung unserer Gemeinschaft im Banat führte.

Rumänien griff erst im Jahre 1916 in das Weltkriegsgeschehen ein, das Banat gehörte zu Beginn des „ großen Krieges“ noch zu Österreich-Ungarn, so dass die Mobilmachung die Grabatzer Wehrpflichtigen schon am 26. Juli 1914 erreichte.

Die Menschheit wusste damals noch nicht, dass es ein Weltkrieg mit fast 17 Millionen militärischen und zivilen Opfern werden würde, auch nicht, dass ein weiterer, noch viel schlimmerer folgen würde.

Die Kriegsteilnahme der Banater wird nicht selten am Temeswarer 61. Infanterieregiment festgemacht. Das Banat war im Ersten Weltkrieg auch kein Haupt- Kriegsschauplatz, die Schwabensöhne kämpften dennoch an den verschiedensten Fronten.

Über die auf Soldatenfriedhöfen in ganz Europa verstreuten Grabstätten unserer Banater Gefallenen beider Weltkriege hat Alfred Ivanov dank seiner unermüdlichen und akribischen Recherchen bereits umfangreiche Dokumentationen vorgelegt und dabei so manches ungeklärte Banater Soldatenschicksal geklärt. Dafür sei ihm auch hier nochmal herzlichst gedankt!

Der vorliegende Artikel soll, anhand der im Temeswarer Diözesan-Archiv gefundenen Grabatzer „Kriegerdenkmal - Spendungsliste“ vom 28.12. 1925 einen Einblick in die Entstehungszeit und das Zustandekommen des Grabatzer Kriegerdenkmals aufzeigen.

Bereits zehn Jahre zuvor, 1915 im zweiten Kriegsjahr, veröffentlichte das k.u.k. Gewerbeförderungsamt in Wien in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie seine Leitlinien für die Errichtung von Gefallenendenkmälern.

Auf die anfängliche Kriegseuphorie mit tausenden von Freiwilligen folgte nach den ersten Rückschlägen und vielen Kriegsopfern die Ernüchterung, doch der Flächenbrand war bereits entfacht.

Die alte, sarkastische Lüge „Süß und ehrenvoll ist’s, für’s Vaterland zu sterben“ (Horaz, Dulce et decorum est, Pro patria mori.) wurde nicht erst im Ersten Weltkrieg zu propagandistischen Zwecken instrumentalisiert, um den Kriegsdienst und das Sterben im Krieg als heroischen Akt zu verklären. Auch heute noch!

Staatlich gezielte Maßnahmen wie Heroisierung des Kriegstodes, die Errichtung von Soldatengräbern, Kriegsdenkmälern und das Spenden von religiösem Trost sollten über das Trauma der schmerzhaften Verluste hinweghelfen, in dem es dem Tod ihrer Verwandten einen Sinn gibt.

In der Folgezeit verselbständigte sich die Kriegerdenkmal-Bewegung und zahlreiche, monumentale Mahnmale wurden errichtet. Da diese unter dem Zeichen des Kreuzes auf geweihtem Boden aufgestellt wurden, stellt sich die bis heute heikle Frage, wie viel und welche Verantwortung die Kirche am Krieg mittrug. Das Eintreten für Land und Volk war zur Pflicht gegenüber Gott, zum nahezu heiligen Akt erklärt worden. Die meisten Monumente sind bis heute erhalten geblieben und sind am Volkstrauertag Ort des Gedenkens der Kriegsopfer beider Kriege.

In Grabatz wurden an Allerheiligen, dem Vorabend zu Allerseelen, auf dem Friedhof und am Kriegerdenkmal im Gedenken an die Verstorbenen Kerzen angezündet. Leider wird das Kriegerdenkmal von den Neugrabatzern überhaupt nicht wahrgenommen und es werden auch keine Kerzen mehr hier angezündet.

Zu einer außergewöhnlichen, vielleicht einmaligen Tat entschlossen sich die Eheleute Landler Josef und Marianna, geb. Gerger. Kaum war ihr Hansi auf dem Kriegsschauplatz in Frankreich angekommen, erhielten die besorgten Eltern die Nachricht vom Heldentod ihres einzigen Sohnes. Sie ließen ihren im Februar 1917 in Frankreich gefallenen Sohn Johann Landler mit erheblichen Kosten in einem schweren Eisensarg nach Grabatz überführen und in der Familiengruft beisetzen.

Das Medaillon-Foto zeigt Johann Landler in Militäruniform.


Auf der Rückseite sind im Sockel des Kreuzes folgende Zeilen eingemeißelt:
„Geliebt und unvergessen
ist unser einz‘ger Sohn!
Den Schmerz kann nur ermessen,
Wer es erfahren schon.“
Ruhe sanft!


Im Banat führten die Kriegs-und Nachkriegsereignisse im Spannungsfeld des Anspruchs auf dieses Gebiet zwischen Ungarn, Rumänien und Serbien zu einem Erwachen des Deutsch-Bewusstseins.

Trotz der Folgen der Aufteilung des Banats nach Trianon oder gerade, weil unsere Heimat Rumänien zugesprochen wurde und nicht Ungarn, konnten nachhaltige Großereignisse stattfinden: die Zweihundertjahrfeier seit der Ansiedlung mit zig-tausenden Banater Schwaben auf dem Temeswarer Domplatz im September 1923 und der ergreifenden Predigt von Bischof Augustin Pacha in unserer banatatschwäbischen Mundart oder die Einweihung der größten deutschen Bildungsanstalt in Süd-Osteuropa, der Banatia.

In unseren Banater Dörfern setzte als Folge einer Erinnerungskultur und der sich mehr und mehr festigenden völkischen Einheit die Errichtung der ersten Kriegerdenkmale im Vergleich zu Deutschland und Österreich zeitlich verzögert ein.

Die Kosten wurden durch private Spenden und Zuschüsse der Gemeinden aufgebracht. Die Errichtung dieser Denkmäler war genehmigungspflichtig. Der mitten im Ort, meistens neben der Kirche seltener auf dem Friedhof, gelegene Platz dafür wurde von der Gemeinde oder Kirche zur Verfügung gestellt. Das Denkmal sollte im „ richtig festgehaltenen Maßenverhältnis der Form zur umgebenden Natur“ entstehen. Das verwendete Baumaterial, häufig Marmor, sollte den Wunsch nach Dauerhaftigkeit des Denkmals verdeutlichen.

In den umliegenden Ortschaften Bogarosch,Tschene oder Gertianosch entstanden imposante Gedenkanlagen. Obwohl unser Grabatzer Kriegerdenkmal eher schlicht ist, strahlt es dennoch die gewünschte Symbolik der Verherrlichung des Kriegstodes mit der Aufnahme des Gefallenen in das Reich Gottes aus.

Das Grabatzer Kriegerdenkmal erhielt seinen Platz zwischen Pfarrhaus und Kirche. Die im ersten Heimatbuch angegebene Datierung der Enthüllung vom 26. Oktober 1926 muss hiermit widerlegt werden. Die Banater Deutsche Zeitung vom 26.Oktober 1926 kündigte die bevorstehende Enthüllung für Sonntag, den 31. Oktober in würdigem Rahmen an.

Bericht aus der Banater Deutschen Zeitung, Jg.8, Nr. 243 von Dienstag, den 26.Oktober, 1926, Seite 4

Grabatz ehrt seine Heldensöhne.
Am 31. Oktober findet in Grabatz die Enthüllung eines Kriegerdenkmals statt, das die opferwillige Gemeinde ihrer 71, auf dem Felde der Ehre gefallenen Heldensöhnen errichtet.
Das Monument, die Gestalt Jesus vorstellend, wie er einen sterbenden Krieger segnet, ist das Künstlerwerk des Bildhauers Fain, der dasselbe aus Ruskitzaer Marmor in der Hatzfelder Werkstätte Nikolaus Marschalls schuf. De Gemeinde richtet sich mit besonderen Maßnahmen, um der Denkmalenthüllung einen würdigen Rahmen zu geben.“


In den Ausgaben der darauffolgenden Tage konnte ich leider keinen Bericht über dieses Ereignis finden, auch nicht in der Vielzahl der digitalisierten Dokumente aus dem Temeswarer Archiv. Man kann aber davon ausgehen, dass es in der verschollenen Historia Domus einen Eintrag darüber gegeben haben muss, zumal Pfarrer Brevis den Grabatzern sehr zugetan und pflichtbewusst war.

Dieser weiße Marmor aus Ruskitza (rum. Ruschita)im Kreis Caras-Severin ist besonders hochwertig. Verbaut wurde er z.B. am Wiener Bankpalais, dem Budapester Parlament oder bei der Renovierung des Mailänder Doms 1970. Der berühmte Adler im Oval Office des Weißen Hauses ist ebenso aus Ruskitzaer Marmor gefertigt. Der Sultan von Brunei in dem größten Palast der Erde oder Michael Schumacher in seinem Anwesen in Monte Carlo entschieden sich ebenfalls für diesen Marmor.

Am Fuße des Denkmals steht Marschall, doch die Kostenaufstellung belegt, dass auch der Hatzfelder Steinmetzmeister Granovszky mitgearbeitet hat. An ihn wurden 2600 Lei bezahlt. Es kam durchaus vor, dass beide bei Großaufträgen zusammenarbeiteten.

Unter dem sterbenden, von Jesus gesegneten Krieger steht:
DEM ANDENKEN UNSERER HELDEN
IN MEMORIA 1914-1818 EROILOR NOSTRI

Die deutschen Grabatzer fanden den Heldentod in der Österreich-Ungarischen Armee, als das Kriegerdenkmal 1926 errichtet wurde, gehörte unsere Heimat bereits zu Rumänien.

Ruhet in Frieden!

Auf der Vorderseite sind die Namen der Opfer aus dem Ersten Weltkrieg eingemeißelt, auf der Rückseite die Namen der Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges. Auch die meisten dieser Grabatzer Opfer fielen als Soldaten deutscher Einheiten. Der Blutzoll unserer Landsleute war groß, dennoch haben wir letztlich alle unsere Heimat verlassen. Geblieben sind die Mahnmale.

Fotos: Walter Marinescu, Okt. 2023

Grabatzer Kriegerdenkmal. Im Vordergrund die 2018 von der HOG angebrachte Gedenktafel, die an deutsches Leben in Grabatz erinnert. Verblasst wie die zweisprachige Inschrift, ist inzwischen leider auch die Erinnerung an unsere 250-jährige Präsenz dort.

Im ersten Grabatzer Heimatbuch werden die Kosten für die Errichtung des Kriegerdenkmals mit 300 000 Lei angegeben. In den gefundenen Unterlagen sind Kosten von 270 372 Lei ausgewiesen.

Die Kostenaufstellung ergibt vom größten Anteil, dem Marmor für 192 070 Lei, dem Fundament, den Bohn-Ziegeln und Zement, den Steinmetzkosten bis zu den Fotografien-und Gärtnereikosten die stattliche Summe von insgesamt:270 372 Lei. Die kleineren Ausgaben wurden nicht erfasst. Nebenbei ist nach fast hundert Jahren ein Rechenfehler des Schriftführers um 10 Lei zutage gekommen. Es ergibt eine Summe von 270 382 Lei.

Geht man die einzelnen Positionen der nachfolgenden Spendentabelle durch, erkennt man eine erstaunliche Spendenbereitschaft der Grabatzer Einwohner, die mit Sicherheit zu den wohlhabendsten des Banats gehörten.

Eine Spende fällt jedoch aus dem Rahmen. Es ist die des Behr Jakob in Höhe von 5000 Lei. Dazu hat mir der 90-jährige Emil Behr die Hintergründe erläutert:

Der erste Grabatzer Gefallene des Ersten Weltkriegs war sein Onkel, Oberleutnant Josef Behr, Berufsoffizier im Feldjägerbataillon Nr. 19. Er fiel bereits am 28. August 1914 in der Schlacht von Krasnik in Galizien, der ersten siegreichen Schlacht der Österreich-Ungarischen Armee. Allein hier starben bereits 15 000 Soldaten und Offiziere den Heldentod!

Der großzügige Spender Jakob Behr, der Vater von Behr Emil, tat dies im Gedenken und zu Ehren seines gefallenen Bruders. Darüber hinaus war er einer der Hauptinitiatoren für die Errichtung des Grabatzer Kriegerdenkmals. Aber auch ihn wird das traurige Schicksal des Todes in der Fremde ereilen. Er starb 1955 in der Baragan-Verbannung.

Die Spendenliste:




Es sind die damaligen, alten Hausnummern und die dazugehörigen Namen eingetragen. Sie sind zugleich eine Bestandsaufnahme der Grabatzer Familien vom Ende des Jahres 1925.

Die Gespräche beim diesjährigen Grabatzer Heimattreffen über diese Spendenliste offenbarten ein besonderes Interesse daran. Die Nachfahren in der bereits dritten und vierten Generation der einstigen Spender haben ein Recht, in diese Listen Einblick zu erhalten.

Die Erschließung inzwischen zugänglicher, digitalisierter historischer Quellen über das Internet, kombiniert mit der Auswertung entdeckter Dokumente in den zugänglichen Archiven, eröffnet weitere, neue Möglichkeiten der Heimatforschung. Die Geschichte unserer Banater Dörfer ist nicht überall identisch verlaufen, auch noch nicht zu Ende erforscht und geschrieben.

An einer Veröffentlichung der Geschichte des Grabatzer Kriegerdenkmals in der Banater Post schien der Bundesvorsitzende in einem persönlichen Gespräch-ohne den Artikel gesehen zu haben- eher ablehnend gegenüber zu stehen, da das Interesse daran nur lokal auf Grabatz beschränkt sei und der Artikel zu umfangreich!

Danke den Grabatzer Spendern!

Walter Schneider, Stockstadt, November, 2023


Bildbearbeitung & Internetumsetzung, Erwin Kleitsch, 15. Januar 2024
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