Die Banater Deutsche Zeitung (BDZ) erschien unter Beibehaltung der Jahrgangszählung ab Ostersonntag, dem 12. April 1925, als Nachfolgerin der Schwäbischen Volkspresse (1919-1925) und als deutschnationales Konkurrenzblatt zur liberalen Temeswarer Zeitung. Die Redaktionsleitung hatte Franz Liebhard übernommen.
Banater Deutsche Zeitung, Titelblatt der Erstausgabe, Ostersonntag, 12. April 1925
Den Leitartikel zum Thema Auferstehung der 22 Seiten umfassenden Erstausgabe verfasste Prälat Franz Blaskovics. Ein Einzelexemplar kostete 3 Lei.
Aufgrund ihres Eintretens für die nationalen Angelegenheiten der Banater Schwaben wurde die BDZ für die nächsten 16 Jahre zur wichtigsten deutschsprachigen Zeitung des Banats, bis sie am 16. März 1941 zusammen mit anderen deutschen Tageszeitungen in Rumänien der gleichgeschalteten Südostdeutschen Tageszeitung einverleibt wurde.
Allein im Gründungsjahr 1925 wird Grabatz von Ostern bis Dezember, ob in Einzelbeiträgen oder in Zusammenhang mit anderen Ortschaften, 35mal in der BDZ erwähnt. Die Zeitungsberichte von 1925 über Grabatz umfassen ein breites Spektrum: von den sportlich- kulturellen und politischen Ereignissen über Todesanzeigen bis hin zu den Errungenschaften der Grabatzer in Ackerbau und Viehzucht, sie attestieren den Grabatzern auch die Aufgeschlossenheit dem Neuen und technischen Fortschritt gegenüber. Starten soll der Rückblick auf das Grabatz des Jahres 1925 in der Jahresmitte, der Jahreszeit, ab welcher der Wohlstand eingebracht wurde.
In der Ausgabe vom 30. Juli 1925 berichtete die BDZ auf Seite 6, dass die Probedrusch- Ergebnisse in den schwäbischen Gemeinden allgemein überdurchschnittlich ausgefallen sind. Grabatz nahm mit 14-15 Meterzentnern den ersten Platz ein.
BDZ, 30. Juli 9125, S.: Grabatzer ernten rekordverdächtige 14-15 Meterzentner Weizen pro Joch.
Eine Rückschau:
Bereits in einer Bittschrift vom Juli 1769 an die Kaiserliche Hofdeputation wird Grabatz als „dem besten vor allen anderen Ortschaften, in guten Häusern und Feldbau“ bezeichnet.
In der Historia Domus ist bei Pfarrer Horvath zu lesen: „ Die beste Einnahmequelle für die Bewohner des Dorfes ist der Ackerbau. Ihr Feld bezahlt ihre Mühe mit 10, sogar mit 12 Meterzentnern Weizen pro Joch. Hier treffen aber auch der Mais, der Hafer, die Gerste, das Korn, Klee, Hirsegras, Moorkartoffeln und die Trauben auf fruchtbaren Boden.“
Sein Nachfolger, Pfarrer Wilhelm Brevis, schreibt ähnlich über den Grabatzer: „Sein Fleiß ist hervorragend, sein Fortschritt steht vielleicht an erster Stelle in Ungarn. Seine Feldarbeit wird mit den neuesten Maschinen getan. Es wird alles gemacht, um das Feld zu verbessern. Schon seit langer Zeit betreibt man die Viehzucht mit aus der Schweiz eingeführten Zuchtstieren. Auch die Pferdezucht ist erstklassig, und beide tragen viel zur Hebung des materiellen Standes bei. Die Gemeinde hat den Ruf einer Mustergemeinde, und sie ist es auch. Wenn das Ackerbauministerium oder der Komitats-Bauernverein sich etwas ausdenken, um den Ackerbau oder die Viehzucht vorwärts zu bringen, melden sich gleich die Grabatzer an und schöpfen den Rahm ab.“
Weizendrusch bei Johann Bartl, liegend rechts unten | Bildquelle: Erwin Kleitsch
Zu dem sprichwörtlichen Fleiß der Banater Schwaben, ihrem besonders ertragreichen Ackerboden, gesellten sich bei den Grabatzer Bauern Geschäftssinn, Innovationsgeist und Bildung, was ihnen von der Ansiedlung bis in die Zeiten des Sozialismus den Ruf einer Mustergemeinde einbrachte. Die Landwirte schickten ihre Söhne in die Ackerbauschule, sie selbst waren sich nicht zu schade, die Winterschule zu besuchen.
Dennoch bedurfte es auch vor hundert Jahren schon des besonderen Schmiermittels für die Wirtschaft, des Kapitals. Um die Jahrhundertwende hatte fast jede Ortschaft im Komitat eine Sparkasse. Bereits 1895 kam es zur Gründung des Grabatzer Spar- und Kreditvereins A.G. mit einem Aktienkapital von 30000 Gulden.
Im Jahre 1925 wechselte der damalige Direktor Johann Unterreiner zur Arader- Bürgerlichen Sparkassa A.G. Er gründete in Grabatz eine Filiale dieser Bank. In mehrfach geschalteten Werbeanzeigen wird Grabatz auch mit den anderen Filialen erwähnt.
Werbung der Arader-Bürgerlichen Sparkassa A.G. in der BDZ vom 03.07.1925 S.8 mit Aufzählung der damaligen Filialen.
Im Oktober 1928 fusionierten die Arader Bürgerliche Sparkassa A.G. und die Temeswarer Schwäbische Zentralbank A.G. zum Banater Bankverein und ab Dezember zu einer kräftigen Aktiengesellschaft, der auch die Hatzfelder Banater Zentralbank A .G. im Jahre 1929 beitrat.
Wo die besten Bedingungen, Fleiß und verfügbares Kapital zusammenkamen, entstand Wohlstand, der auch zum Erwerb von Luxusgütern verführte.
Ein Artikel in der BDZ vom 20.September 1925 berichtete auf Seite 4 unter der Überschrift „Zunehmender Autoverkehr im Banat – Jeden Tag wird ein Neuwagen angemeldet“ über die in Temeswar sowie in den Banatern Ortschaften zugelassenen Autos, damals auch noch Luxusautos genannt.
Die Automobile wurden in der Temeswarer Polizeipräfektur registriert und auf dem Kennzeichen mit dem Kürzel „Tms“ versehen. Ein Viertel der zugelassenen Autos, die den Banater Staub aufwirbelten, stammten aus den amerikanischen Ford-Werken. Allein in Temeswar waren 317 PkW und 86 Lastautos registriert. Die großen Firmen wickelten ihren Lastverkehr bereits per LKW ab.
BDZ , 20.09.1925, S.4 Zunehmender Autoverkehr im Banat
„Unter den Gemeinden führt Großsanktnikolaus noch immer, wo sich zu den früheren 12 Autos weitere 2 gesellten, so daß dieses Städtchen bereits 14 Autos besitzt. Die zweite Stelle behauptet auch weiterhin Billed mit 12 (früher11) Autos. An dritter Stelle folgt Lovrin, welche mit den letzthin gekauften 3 Automobilen die Stückzahl der Autos auf 10 erhöhte und damit Lippa vorkam, daß nur über 9 (im Frühjahr 8) Autos verfügt. Lippa wird auch von Perjamosch – (im Mai 6) - und Hatzfeld ebenfalls 8 Stück (im Mai 5) – stark bedrängt. Der übrige Zuwachs in den 4 letzten Monaten verteilt sich folgendermaßen: Valkani 3, Detta 2, Sackelhausen, Kleinbetschkerek, Johannisfeld, Tschene, Schag, Tschawosch, Altbeba, Altbeschenova, Kalatscha, Grabatz, Ketfel je 1 Auto.“
In Grabatz hatte sich die Zahl der Autobesitzer noch vor 1930 auf mindestens vier erhöht. Zu den ersten Grabatzer PkW-Besitzern gehörten: Michael Bauer, Jakob Behr, Dr. Josef Klein, und Nikolaus Neurohr (Nr.130). Die Bestätigung dieser Angaben findet sich in den öffentlich zugänglichen CNSAS-Karteikarten, die auch die akribisch aufgeführten Vermögensverhältnisse dieser Baragan-Deportierten Grabatzer verzeichnen.
Jakob Behr vor seinem Ford T Tudor Sedan mit der Grabatzer Jagdgesellschaft
Jakob Behr am Steuer | Bildquelle: Emil Behr
Jakob Behr und Dr. Josef Klein hatten nach Angaben von Emil Behr (92) den baugleichen Ford. Ford produzierte zwischen 1908 und 1927 das erste für die Masse erschwingliche Fahrzeug und war seinerzeit mit über 15 Millionen Zulassungen das meistverkaufte Automobil der Welt.
Das vor hundert Jahren ebenfalls noch als Luxus angesehene elektrische Licht und die Glühbirne hielten recht früh nach ihrer Erfindung Einzug in Grabatz. Die ersten Häuser, die in Grabatz schon „Elektrisch“ hatten, waren jene, die ab 1909 an die Stromversorgung des Dampfgenerators der Dampfmühle angeschlossen waren.
Ein Vergleich mit der Millionenstadt Berlin Anfang der 20-ger Jahre mag die Fortschrittlichkeit und Kaufkraft unserer Grabatzer verdeutlichen.
Da elektrischer Strom nicht billig war, erst noch Stromleitungen gebaut werden mussten und viele Verbraucher noch kein Interesse daran hatten, nur in Licht zu investieren und es kaum andere elektrische Geräte oder Maschinen gab, war Berlin damals kaum zur Hälfte an das Stromnetz angeschlossen.
Die Banater Deutschen Zeitung vermeldete in ihrer Ausgabe vom 2. 12. 1925, S.4 über einen Liefervertrag von elektrischem Strom zwischen dem E-Werk in Hatzfeld und der Gemeinde Grabatz. Demnach sollte der Ausbau der Fernleitung durch das Werk erfolgen, während die Gemeinde das Ortsnetz aufzubauen hatte.
Faksimile Banater Deutsche Zeitung, Nr.274, S.4 vom 02.12.1926
Die älteren Grabatzer erinnern sich gewiss noch an die hölzernen Strommaste entlang der Straße Richtung Hatzfeld und die alten Strommaste aus Holz im Ort selbst, sowie an die einzige Trafostation vor der alten Schule.
Hölzerne Strommaste säumen die Hauptstrasse von Grabatz | Bildquelle: Emil Behr
Ab September 1926 stellten die Öllampen in Grabatz ihren Dienst nach und nach ein. Im Jahre 1939 bezogen bereits 296 Grabatzer Haushalte, mehr als 90 Prozent, elektrischen Strom.
Über die rege Kulturtätigkeit ist in zahlreichen Publikationen über Grabatz bereits ausführlich geschrieben worden. Stellvertretend soll hier ein Bericht der BDZ vom 26. 08. 1925, S.5 über eine gelungene Kindertanzprüfung mit den Preisträgern Franz Tillschneider und Elis Neurohr unter dem Lovriner Tanzlehrer Richter kurz erwähnt werden.
Geprägt durch ihre gemeinsame Herkunftsorte, die Binnenmigration, Heirat oder durch sportliche Veranstaltungen waren die Beziehungen zwischen den Nachbardörfern im Banat freundschaftlich, trotz einer gesunden Rivalität, besonders im Sport.
Laut der BDZ vom 1. September fand in Gottlob ein groß angelegtes Erntefest unter Beteiligung der Umgebungsgemeinden mit einer gelungenen Theateraufführung statt. Der Höhepunkt war das Fußballspiel, das Gottlob sensationell mit 3:1 gegen Grabatz gewann.
Faksimile der BDZ vom 01.09.1925, S.6, Bericht vom Erntefest
Die Gründung der Grabatzer freiwilligen Feuerwehr geht auf das Jahr 1889 zurück. Ab der Jahrhundertwende war der Verein mit seiner Musikabteilung und seinen kulturellen Veranstaltungen in dem gesellschaftlichen Dorfleben fest verankert.
Am Ostermontag, dem 13. April 1925 fand im Sitzungssaal des innerstädtischen Feuerwehrkommandos unter Beteiligung der freiwilligen Feuerwehrkommandos des Komitats Temesch-Torontal eine Konferenz zur Neuorganisierung statt. Die Grabatzer Abordnung war vertreten durch ihren Präsidenten, Oberlehrer Karl Lessl, den Kommandanten Jakob Behr sowie den Vereinssekretär Nikolaus Hackbeil.
Bericht in der BDZ vom 19. April, S.5
Werbung gehört zum Geschäft, das nutzten auch die Grabatzer. Inserat der Milchgenossenschaft.
Angebot eines Dampfpflugs der Dampfpfluggesellschaft.
Edelobstbäume und Sophora von Lorenz Bartl
Der Hatzfelder Baumeister Johann Wechselberger hatte sich in Grabatz niedergelassen. Er könnte auch die Grabatzer Friedhofskapelle der Familie Just errichtet haben.
Bericht vom 24. April über die in Temeswar erfolgreich bestandene Baumeisterprüfung von Johann Wechselberger.
In ihrer Erstausgabe vom Ostersonntag, dem 12. April zählte die BDZ viele Vereine auf, die es bis August 1924 versäumt hatten, rechtzeitig ihre Unterlagen zwecks Anerkennung als juristische Personen einzureichen. Demzufolge wurde ihnen von Richter Jonascu dieser Status verwehrt. Darunter auch zwei Grabatzer Vereine, die in der Literatur bisher nicht erwähnt wurden. Es handelte sich um den bürgerlichen Leseverein und den Arbeiterleseverein. Ebenfalls eine Absage erhielt der Leichenbestattungsverein oder „Leichenverein“ wie er von den Grabatzern genannt wurde. Es gab in Grabtaz bis 1945 ca. 16 Vereine.
Die BDZ nennt hier zwei bisher noch in Grabatz unerwähnte Vereine.
Recht spät, erst im Jahre 1912, gründete Apotheker Kornelius Saager in Grabatz die Schutzengel-Apotheke, die er bis1927 führte. Im Juni 1925 feierte er im „Groß- Wertshaus“ mit viel Prominenz und fast 200 Gästen aus nah und fern sein 50-jähriges Apotheker-Jubiläum.
Auf alle 35 Erwähnungen der Gemeinde Grabatz in der Zeitung aus dem Jahre 1925 hier einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Hoffentlich sind die interessantesten Berichte hier übernommen worden. Passionierte Zeitungsleser werden nach der Eingabe von BANATER DEUTSCHE ZEITUNG auf ihre Kosten kommen und eine Banater Zeitung beginnend von vor hundert Jahren frei Haus erhalten, und in eine versunkene Welt eintauchen und die Welt der Großeltern auf eine ganz besondere Art entdecken können. In den zur Verfügung stehenden 16 Jahre Tageszeitung wartet noch vieles, was im damaligen Alltag vergessen wurde, um neu entdeckt, bewertet und hervorgeholt zu werden.
Von Walter Schneider, Januar 2025